Die Rahmenbedingungen

Im heutigen Post werden wir uns mit einem wichtigen Bestandteil im Supply Chain Management befassen, der Nachfragevorhersage. In der Praxis versucht man mithilfe von Prognosen, basierend auf quantitativen als auch qualitativen Daten, einen Ausblick für die Zukunft zu erstellen, der möglichst nah an dem liegen sollte, was am Ende das tatsächliche Ergebnis ist.

Es handelt sich natürlich nur um eine Annäherung, die von Natur aus einen Fehlergrad vorweist. Im zweiten Teil der Reihe werden wir Verfahren/Kennzahlen, die man zum Messen der Forecast-Güte einsetzen kann thematisieren.

Unter Zuhilfenahme des Buchs “Supply Chain Management von Chopra & Meindl” (Thalia), hangeln wir uns entlang eines Beispiels, welches uns durch die Erstellung einer Prognose begleitet.

Detaillierte Erläuterung der Vorgehensweise

Aus ihrem alltäglichen Leben kennen Sie Vorhersagen vor allem in Form des Wetterberichts, der meistens drei Tage in die Zukunft blickt und eine Prognose abgibt, wie sich das Wetter in welcher Region Deutschlands entwickeln wird. Nach den drei Tagen wird die Unsicherheit spürbar größer und das sogenannte Konfidenzintervall, also die Bandbreite indem sich, beispielsweise die Temperatur bewegen wird, dehnt sich nach oben und unten auf der Skala aus. Dementsprechend kann man, wenn man längerfristig mit einem Außenevent planen möchte nur hoffen bzw. kurzfristig umplanen.

Dazu sei gesagt, dass Meteorologen und verknüpfte Unternehmen oftmals über Klimamodelle verfügen, die von Supercomputern errechnet wurden und somit relativ teuer sind. Da wir derlei Kapazitäten nicht haben, müssen wir auf eine andere Methode und für uns erreichbarere Werkzeuge zurückgreifen. Excel.

Um die Vorgehensweise kurz stichpunktartig darzubieten:

  • Vorstellung der Prognosevariante
    • Simple Exponential Smoothing (Exponentielle Glättung)
  • Auswahl eines einfachen Beispiels
  • Kennzahlen zur Prognosegenauigkeit (Teil 2)
  • Umsetzung mit VBA und Daten aus Power Pivot (Teil 2)

Vorstellung des Simple Exponential Smoothing (SES)

Wie in dem vorigen Blogpost über Lagerbestandsmanagement, halten wir uns auch diesmal an ein Kapitel aus dem Buch Supply Chain Management und zwar Kapitel 7, dass sich mit der Thematik Demand Forecasting in a Supply Chain befasst. Die vorgestellte Prognosemethode ist dabei natürlich nur eine unter vielen, es würde aber sicherlich den Rahmen eines Blogposts sprengen, wenn ich alle abhandeln würde. Grundsätzlich können diese Methoden in verschiedenen Szenarien angewandt werden.

Wenn beispielsweise kein klarer Trend oder eine Saisonalität zu erkennen sind, eignen sich gleitende Durchschnitte oder die exponentielle Glättung, wie wir sie durchführen. Kommt eine der beiden erstgenannten Komponenten zum Tragen kämen ein Holt oder Winter Modell in Frage. Diese sind ausführlich im Kapitel besprochen und anhand von Beispielen durchgerechnet. Eventuell werde ich diese in einem zukünftigen Post näher erläutern.

Ich beginne an dieser Stelle damit die Formel der SES zu präsentieren. Wenn Sie, wie ich, Formeln nicht zwingend lesen können wie die Sonntagszeitung, seien Sie beruhig. Die Formel sieht schlimmer aus als sie ist und in der später dargestellten Excel-Variante kommen wir spielend hinter deren Bedeutung.

Auszug der Simple Exponential Smoothing Formel aus “Supply Chain Management Chopra Meindl”

Es gibt natürlich noch weitaus komplexere Formelkonstrukte, aber da das hier kein Blog über abstrakte mathematische Gleichungen ist, belassen wir es für den Moment dabei. Die Bedeutung der Buchstaben ergibt sich wie folgt:

  • L(t) = Das Level zum Zeitpunkt t
  • D(t) = Der tatsächliche Bedarf (Demand) zum Zeitpunkt t
  • α = Die Glättungskonstante alpha
  • n = Anzahl der Perioden, für die Bedarfe beobachtet wurden

Das Simple Exponential Smoothing (SES) Modell ist wie oben beschrieben für relativ konstante Bedarfssituationen am besten geeignet. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die Glättungskonstante sich in einem Rahmen von <= 0,25 bewegen sollte, um das Modell leistungsfähig zu halten. Wie wir die Konstante einsetzen sehen wir im detaillierten Beispiel.

Das Simple Exponential Smoothing SES Modell

Gehen wir zunächst die Spalten einzeln durch, bevor wir uns den Berechnungen widmen. Spalte (B) enthält die betrachteten Perioden (n), in denen Bedarf (Spalte C) beobachtet wurde. Der Anfangswert (Level (0) sowie weitere Level sind in Spalte D zu finden, wobei wir die Prognose letztendlich in Periode 23 der Spalte E sehen. Wie zuvor bereits erwähnt gibt es Möglichkeiten die Genauigkeit des Forecast zu messen (Spalten F bis H). Im Detail behandeln wir diese in Teil 2.

Die beobachteten Bedarfe sind in Stück und könnten so von einem beliebigen Material unseres Datenmodells des Feinkosthandel Rheinland aus meinem E-Book stammen. Der erste, für uns interessante Wert ist Level(0) aus Zelle D7. Dieser gilt als Grundlage für das Prognosemodell und ist lediglich der Mittelwert der beobachteten Bedarfe.

Das Grundstein zur Erstellung weiterer Level-Werte ist schnell gesetzt

In Ordnung, der Anfang ist gemacht und wir bewegen uns eine Zelle weiter runter in der gleichen Spalte, denn hier kommt zum ersten Mal die oben aufgeführte Formel zum Einsatz.

Nachfragevorhersage mittels des SES Modells und dem ersten Wert, der alpha miteinbezieht, Level1
Der erste “richtige” Wert, der per Berechnung den Level 1 Wert ausgibt

Erstmalig sehen wir alpha, also die Glättungskonstante in Aktion. Wir teilen die Gleichung in die zwei Bestandteile, die durch das Pluszeichen getrennt sind. Der beobachtete Bedarf aus Periode 1 fließt zu 15 Prozent in die Berechnung ein, wohingegen Level 0 mit 85 Prozent (1-0,15) berücksichtigt wird. Die Gewichtung des Levels ist dementsprechend höher als die des tatsächlichen Bedarfs. Demnach wird der stärker gewichtete Mittelwert aus Level 0 über die Zeit mit aktuellen Bedarfsentwicklungen gespeist, die mit der Stärke der Glättungskonstante in den nächsten Level-Wert einfließen.

Dadurch ermöglichen wir es dem Modell in einer gewissen Weise “Trends”, auch wenn diese geringfügig ins Gewicht fallen, zu folgen. Unter dem Blogpost habe ich die Beispieldatei angefügt, sodass Sie ein wenig mit der Glättungskonstante alpha spielen können und den Einfluss auf das Modell unmittelbar beobachten können.

Zurück ins Arbeitsblatt, wo wir mit Eingabe der Formel unseren Level (1) Wert erhalten. Diese Vorgehensweise können wir einfach bis in Periode 22 fortführen und haben damit alle benötigen Level-Werte erzeugt.

Der Prognose-Wert ist dann nur noch ein Katzensprung, da er lediglich den Level Wert aus der Periode t-1 spiegelt. Der Forecast für Periode 23, die noch keinen beobachteten Bedarf vorweist ist demnach der Level-Wert aus Periode 22 und entspricht ~891 Stück. Runden auf volle Stück ist hier durchaus erlaubt.

Abschluss und Fragen zu Teil 2 des Simple Exponential Smoothing Modells

Bei dem abgehandelten Beispiel handelt es sich lediglich um eine kleine Einführung in die Welt der Prognoseerstellung und sollte für uns als Aufwärmübung dienen. Der Prognosewert gilt dabei für alle zukünftigen Perioden, je nachdem wie weit sie diese expandieren möchten.

Sollten Sie beispielsweise Downstream-Abteilungen haben, die eine Maschinenbelegung für 12 Monate im Voraus benötigen oder der Einkauf Rohstoffbeschaffung mit mindesten 6 Monaten Vorlauf anvisieren muss, gilt es diese Horizonte zu berücksichtigen. Der Forecast sollte dementsprechend ausgelegt sein, auch wenn dieser für einen solchen Zeithorizont Ungenauigkeiten mit sich bringt.

Für den nächsten Teil der Reihe möchte ich vorab ein paar Fragen in den Raum werfen, die wir gemeinsam beantworten werden, um unser Wissen im Bereich Nachfragevorhersage zu erweitern:

  • Welcher alpha-Wert ist für mein SES Modell der Richtige, gibt es Optimierungsmöglichkeiten?
  • Wie wird meine Prognosegüte (Forecast accurarcy) gemessen und was fange ich mit den Werten an, bzw. welche Kennzahl sollte ich für ein solides Modell verwenden?
  • Wie hilft mir Excel VBA einen Forecast für eine Vielzahl an Produkten zu erstellen?

Bis dahin, bleiben Sie neugierig!

#Link zur Beispieldatei

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